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Eiseskaelte

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Savu0211's avatar
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„War das nicht der Deal?“, schnaubte Loki. „Ich gehorche und dafür lässt du sie gehen?“
Angrboda Lippen formten sich zu einem breiten Grinsen. „Ich kann mich nicht entsinnen mit dir einen solchen Pakt geschlossen zu haben, Liebster. Ich gab dir lediglich nur einen für dich triftigeren Grund um wieder zurückzukehren als dein Wort, was du mir einst gegeben hast.“
Loki schluckte.
„Allerdings, dass ich sie freilasse...davon habe ich kein Wort erwähnt“, sprach die Riesin entzückt.
Im ersten Moment war der Gott starr von dem was seine Ohren hörten, doch war er schnell wieder gefasst und besann sich seiner Redenskunst. Mit erhobenen Haupt ging er auf Angrboda zu, verbarg seine Angst als er sich neben sie setzte und sie mit glänzenden Augen ansah.
„Du willst sie zu deiner Gefangen machen? Eingesperrt in diesen kalten Mauern in alle Ewigkeit. Ihr das Leben zur Qual lassen werden.“
„Würde dir das nicht gefallen?! Du wärst der Grund für ihr verdorbenes Leben. Du würdest sie leiden sehen und wissen, dass es deine Schuld ist Loki und dass du ihr niemals helfen kannst!“, zischte Angrboda.
„Aber ich würde sie letztendlich immer noch sehen können.“ Entschlossen starrte der Gott die Riesin in ihre blutroten, leuchtenden Augen.
„Nicht wenn ich dir deine Augen ausbrenne, Loki!“
„Du magst meine Augen“, lachte der Gott. „Außerdem was würde dir das bringen? Wenn ich sie nicht sehen könnte, würde es nur mein Verlangen steigern sie zu berühren.“
Mit einem kräftigen Hieb wurde Loki plötzlich von der Riesin vom Sitz neben ihr geschleudert. Unsanft landete er nicht weit von ihr auf dem Steinboden. Er keuchte, doch konnte er sich ein kleines Grinsen nicht verkneifen als er sich wieder aufrappelte.
„Nunja, Angrboda, deine Reaktion zeigt mir, dass es vielleicht doch besser wäre, sie einfach gehen zu lassen. Schick sie doch nach Asgard. Ich meine selbst wenn du mir eine Chance geben würdest dort hin zu kommen, würden die mich ebenso von ihr wegsperren.“ Aufrecht stand er nun wieder vor der Riesin. „Ich hätte also gar keinen Grund es erst zu versuchen.“
„Ich könnte sie auch einfach töten“, sagte Angrboda trocken ohne dabei eine Miene zu verziehen.
Loki zuckte mit seinen Schultern. „Vielleicht solltest du es sogar. Hel hat mir schon einmal geholfen, warum sollte sie es nicht noch einmal tun. Wenn du sie nicht nach Asgard schickst, Hel wird es für mich tun!“
Angrboda zog tief Luft. Ihr Blut kochte vor Wut. Langsam erhob sie sich und ging die wenigen Schritte auf Loki zu. Sein Lächeln verschwand als die Riesin direkt vor ihm stand. Mit einem Ruck packte sie den Gott am Hals und hob ihn in die Höhe. Loki keuchte, seine Beine zappelten in der Luft, suchten verzweifelnd nach rettenden Boden, während er nach Luft ring.
„Loki, du kleiner Narr, ich erlaube dir nicht so mit mir zu sprechen! Was immer ich auch mit ihr oder dir anstellen werde, eins sei dir gewiss, du wirst sie nie wieder sehen, du wirst diese Mauern nie wieder verlassen! Ich werde die einzige in diesen Hallen sein....“
„Das heißt du lässt sie gehen?“, krächzte Loki mit all seiner Kraft aus seiner Kehle.
Es dauerte einen Moment bis die Riesin ihm nickend antwortete. Zu groß war ihre Lust den Gott in ihren Händen zappeln zu sehen, wie ein Fisch, dem man an Land gezogen hatte. Mit einem Mal löste sie ihren Griff und der Mann fiel vor ihr zu Boden. Keuchend und nach Luft ringend hielt er sich an ihrem unteren Gewand fest um aufrecht sitzen bleiben zu können.
„Ich werde es ihr wenigstens so vorkommen lassen“, sprach die Riesin weiter. „Aber glaube ja nicht, dass ich sie nicht jederzeit wieder zurückbringen lassen könnte, um sie für deine Taten zu strafen und zwar mit einer solchen Grausamkeit, dass sie sich wünschen würde, ihr Leben zu beenden!“ Angrboda blickte triumphierend auf Loki herab. „Beim Freitod kann dir auch Hel nicht mehr helfen.“
Loki knirschte mit den Zähnen. Doch letztendlich hatte er bekommen, was er wollte. Sigyn wäre frei.

Es wurde bereits dunkel und draußen tobte ein eisiger Sturm. In Jotunheim keine Seltenheit. Nachdenklich schaute Loki in die weiße ebene von seinem neuen Schlafgemach aus, oder besser gesagt von seinem alten. Die schwere Holztür hinter ihm war verschlossen. Das Fenster vor ihm fest verschlossen. Aber selbst wenn das Fenster weit offen gestanden hätte, Loki wäre nicht geflohen. Die Worte Angrbodas hallten immer noch in seinem Schädel und er wusste, dass sie nicht gelogen hatte.
Plötzlich sah er vom Fenster aus eine große schwarze Kutsche auf dem Vorplatz von Angrbodas Mauern, gezogen von gewaltigen, bärenähnlichen Wesen, mit langen schwarzen und zotteligen Fell.
Mit schrecklichem Geheule setzten sich die Tiere in Bewegung, zogen die Kutsche raus in die kalte Ebene. Loki blickte ihr nach. Er wusste, dass sich darin seine Sigyn befand. Zugern hätte er  zumindest noch einmal einen Blick von ihr erhaschen wollen, doch war er zu weit entfernt gewesen. Nur ihr rotes Haar hatte er durch die kleinen Fenster der Kutsche erblicken können.
Kaum waren sie im Schneegetümmel verschwunden, hörte Loki wie die Tür hinter ihm geöffnet wurde. Ein Schauer lief ihm über den Rücken als Angrboda hereintrat.
„Willkommen zu Hause“, sprach sie mit einem gefährlichen Lächeln auf ihren Lippen. Sie legte ihre Hände auf die Schulter des Gottes. „Du bist doch sicher sehr müde, mein Liebster“, flüsterte sie ihm ins Ohr.
Tatsächlich war Loki sehr erschöpft und sehnte sich nach der Wärme eines Bettes, nach einem tiefen seligen Schlaf, doch allein die Vorstellung, dass Angrboda sich auch nur neben ihn betten könnte hielt ihn wach.
Sie nahm seine Hand und führte ihn zu Bett. Sie hatte ihm ein Schlafgewand zurechtgelegt. Widerwillig nahm Loki es auf, vermied aber jeglichen Blick zu Angrboda. Doch sie grinste nur immerzu. Genoß das Unbehagen, die Macht die sie über den Gott ausüben konnte. Dies befriedigte sie weit mehr, als er selbst körperlich vermocht hätte. So überließ sie ihn sich selbst, nachdem sie seine Furcht und Angst genossen hatte. Verwundert und verwirrt über ihr Verhalten blickte Loki ihr nach, also sich die Riesin von ihm abwandte und dabei war das Schlafgemach zu verlassen.
Kurz bevor sie durch die Tür trat blickte sie noch einmal zu Loki, ihre Zähne entblößt zu einem schallenden Lachen. „Heute bist du mir eh zu keinem Nutzen mehr, Loki“, kicherte sie und schloss die Tür hinter sich. Loki hörte wie schwere Riegeln verschlossen wurden. Er war wiedereinmal gefangen.

Sigyn spürte wie die holprige Fahrt in der Kutsche plötzlich stoppte. Waren sie schon angekommen? Solange waren sie ja noch gar nicht gefahren. Aber vielleicht war es ihre Angst und Nervösität, die ihr Zeitgefühl beeinträchtigte. Doch musste sie erkennen, dass sie immer noch in der Eiswelt war, als sie von einer groben Hand am Arm gepackt wurde und aus dem Wagen gezerrt wurde. Ein Schrei entkam ihrer Kehle als sie in den kalten Schnee fiel. Ihre Hände tauchten tief in die Kälte ein.
Unsanft wurde sie wieder in die Höhe gerissen und auf ihre Beine gehievt. Zitternd vor Angst und Frost stand sie da, verwirrt was sie nun erwarten würde. Plötzlich fühlte sie wie ihr etwas kaltes in die Hände gelegt wurde. Lang und spitz war es mit scharfen Kanten und es fühlte sich an als sei es aus Eis selbst, dennoch schmolz es nicht als sie es fest umfasste. Die scharfen Kanten schnitten sich in ihr Fleisch. Sollte dies ihre Lösung sein?
Der Riese starrte das kleine Individuum vor sich ausdruckslos an. Die Tiere hinter ihm, die die Kutsche zogen schnaubten ungeduldig.
„Viel Glück, kleines Geschöpf!“, murmelte er. Sigyn umschloss den Eispickel immer noch fest, drückte ihn gegen ihre Brust, gleich einer Waffe. Der Riese wusste, dass sie ihn niemals angreifen würde und selbst wenn, der Eispickel war nicht dazu gedacht, ihm oder irgendeinen anderen Riesen das Fleisch zu zerschneiden, wohl gleich aber ihres, falls sie sich selbst vom Leid und der erbarmungslosen Kälte erlösen wollte.
Angrboda selbst hatte es angeordnet ihr diese Möglichkeit zu gewähren, doch konnte der Riese ihre wirkliche Absicht nicht wissen. Ein Leben, welches man sich selbst genommen hatte, das konnte selbst Hel nicht mehr retten und Angrboda wußte, dass die Kälte und der Frost Jotunheims viele, die es nicht gewohnt waren, schnell in tiefste Verzweifelung stürzte.
Der Riese setzte sich wieder auf seine Kutsche, mit einem kräftigen Schlag der Zügel setzten sich die Tiere mit lautem Gebrüll in Bewegung. Der Schnee ächzte unter dem Gewicht der Räder. Der Riese überließ Sigyn dem Schnee und Eis.
Als Sigyn realisierte, dass sie nun ganz alleine war überkam sie Panik. Erbärmliche Klagelaute entsprangen ihrer Kehle während sie sich langsam durch den Schnee bewegte, den Eispickel fest umklammert als gäbe er ihr einen sicheren Halt, eine Sicherheit.
Doch nicht fern von ihr wurde Sigyn bereits beobachtet. An einer Anhöhe stand Hel, ihr Antlitz versteckt hinter Kleidern aus schwarzem Fell. Von weitem hätte man sie für ein wildes Tier gehalten, welches ihrer Beute auflauert. Doch Hel beobachtete Sigyn nur. Noch war ihr Schicksal nicht geschrieben, noch war sie ihrer Sinne treu, noch klammerte sie sich fest an ihr Leben.
Der Wind blies stärker. Sigyn versuchte durch die Strömung und die Bewegung des Windes herauszufinden, wo die Ebene ihr Unterschlupf gewähren könnte. Sie war müde und wollte nichts sehnlicher als sich auszuruhen. Doch schien der Wind selber nicht zu wissen, wohin er wollte. Es schien ihr unmöglich ein Muster zu spüren, bis sie plötzlich einen Stoß spürte. Einen der ihr nicht unbekannt war, hatte sie ihn doch schon einmal gespürt als sie einsam und allein im Schnee umherirrte. Der Wind stieß sie erneut, drückte sie sanft vorwärts. Sigyn ließ sich führen. Er erleichterte ihr das Laufen, beinahe fühlte es sich so an als würde er sie tragen.
Nach einiger Zeit ließ der Wind nach und Sigyn spürte plötzlich festen Boden unter ihren Füßen, ihre Hände betasteten den kahlen Felsen und langsam betrat sie die kleine Höhle, dessen Eingang sich zwischen zwei Felsspalten befand und so einen kleinen Schutz vor dem Schnee und der Kälte bot. Dort saß sie eine ganze Weile, kauernd, ihr Gesicht in ihren Händen verborgen. Der Eispickel lag neben ihr auf den kalten Stein.
Noch vor wenigen Stunden war ihr Leben noch so voller Wärme gewesen, auch wenn sie noch nicht einmal wusste, wo sie die letzte Zeit nun verbracht hatte, an welchem Ort, hatte dies plötzlich keine Rolle mehr gespielt, als sie seine Wärme, das Feuer in ihm gespürt hatte, als sie sein wahres Gesicht erkannt hatte. Sie hatte sich wohlgefühlt. Zuhause gefühlt. Etwas was sie zuvor nie so gespürt hatte, selbst in den Hallen Asgards nicht.
Und jetzt? Jetzt war sie plötzlich wieder in der Eishölle. Allein. Es war kalt, tödlich kalt! Wo war ihr Zuhause? Wieso hatte man es ihr weggenommen?
Ihre Hände fielen in ihren Schoss. Tränen rollten ihr über die Wangen, doch plötzlich hielt sie inne. Ihre beiden Hände umfassten ihren Bauch. Eine wohltuende Wärme ging davon aus. Hatte man es ihr wirklich weggenommen?
Sigyn holte tief Luft und wischte sich ihre Tränen aus dem Gesicht als sie spürte, dass sie nicht mehr alleine war. Jemand hatte den Weg in die kleine Höhle gefunden und dieser jemand war groß. Kaum ein Luftzug fand nun noch Einweg, was nur bedeuten kann, dass der Fremde von einer gewaltigen Statur war und damit fast den gesamten Eingang für sich einnahm.
Ein Riese? Sigyn richtete sich auf, versuchte dabei ihre Blindheit hinter schnellen Bewegungen zu verstecken. Zufällig berührten ihre Fingerspitzen beim Aufstehen den Eispickel, den sie sofort an sich nahm und vor sich hielt.
Sie versuchte entschlossen zu wirken, dich innerlich bebte sie. Die junge Frau konzentrierte sich auf den Wind, einen leichten Luftzug um zu erkennen, ob sich der Fremde vom Eingang fort bewegte und er tat es. Doch konnte Sigyn nicht sehen, wie nah er ihr bereits war. Ihre Finger umklammerten den Eispickel noch fester. Was sollte sie nur tun? Plötzlich wurde ihr jegliche Entscheidung abgenommen, als warme Hände ihre Arme packten. Es war ein fester Griff, aber nicht bedrohlich oder grob. Eine Hand strich ihr sanft durch erkaltete Gesicht. Sie kannte den Mann der vor ihr stand. Seufzend ließ sie den Eispickel aus der Hand gleiten als der Fremde sie in seine Arme nahm und fest an sich drückte. Sanft streichelte er ihre rotbraunen Locken.
„Jetzt ist alles wieder gut“, sprach Thor leise, wissentlich dass Sigyn seine Worte nicht verstehen konnte. „Ich bring dich wieder nach Hause, nach Asgard.“
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© 2013 - 2024 Savu0211
Comments5
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Nici-Caty's avatar
Ich mag deine Geschichten sehr und freue mich eigentlich immer, wenn etwas neues von dir gibt :heart:
Mach weiter so! :)